Dr. Martin Kessler (Hofheim)

Statement Dr. Martin Kessler zum Verkauf an IVC Evidensia


Klinikleitung Tierklinik Hofheim 

FTA für Klein- und Heimtiere

Diplomate ECVIM-CA (Onkologie)

„An eine Klinikkette verkaufen, die Unabhängigkeit und Selbstständigkeit aufgeben? Niemals!“ - Hätte man mich vor einigen Jahren noch gefragt, ob ich gewillt sei, die Tierklinik Hofheim an einen Investoren-geführten Klinikverbund zu verkaufen, wäre dies meine Antwort gewesen. Diese Vorstellung hatte ich auch weiterhin, als im Jahre 2020 Markus Tassani seinen Ruhestand für Ende 2021 ankündigte und klar wurde, dass auch ein weiterer Klinikleiter absehbar in den Ruhestand ausscheiden möchte. Nun werden wir uns dem Klinikverbund IVC Evidensia anschließen. Was hat zu meinem Sinneswandel geführt?

Als wir die Tierklinik Hofheim vor 25 Jahren gründeten, gab es nur wenige „große“ Kliniken (wobei man bereits mit 10 angestellten Tierärzten als „groß“ galt). Fast ausnahmslos gehörten diese Kliniken männlichen Einzelkämpfern, die die Kliniken zum Teil über mehrere Generationen aus Kleintier- oder gar Gemischtpraxen heraus entwickelt hatten. Eine große Klinik aus dem Stand und mit einem Team von 3 Leitern unterschiedlicher Fachrichtungen zu gründen, war im Jahre 1997 noch etwas sehr Außergewöhnliches. Das dynamische Wachstum der Tierklinik Hofheim steht nur sinnbildlich für die Entwicklung der gesamten tiermedizinischen Landschaft, denn zahlreiche neue Kliniken, häufig von mehreren Partnern geführt, kamen in den letzten zwei Jahrzehnten hinzu. Alle diese Kliniken sind erheblich gewachsen, was für die Eigentümer stets private Investitionen in Millionenhöhe in Räumlichkeiten und Geräte, Verantwortung für eine immer größere Anzahl an Mitarbeitern, aber auch die Notwendigkeit der ständigen strategischen Weiterentwicklung erforderlich machten. So stellt sich für viele dieser Kliniken generell die Frage „wie geht es weiter?“, v.a. dann, wenn ein Generationswechsel ansteht.

Mit dem anstehenden Generationswechsel in der Tierklinik Hofheim galt es, geeignete Nachfolger auszuwählen, diese zu entwickeln, an die Aufgabe der Leitung einer großen Klinik heranzuführen und schlussendlich ins Team der Klinikleiter zu integrieren. War es da zielführend, den Kreis der möglichen „Neueinsteiger“ auf diejenigen zu begrenzen, die eine marktgerechte Einstiegsinvestition stemmen konnten und auch gewillt waren, sich für die zukünftig erforderlichen neuen Investitionen immer weiter privat zu verschulden und dabei gesamtschuldnerisch für alles und alle mit zu haften? Wäre ein solches Modell überhaupt zukunftsfähig? Würde ein „klassischer“ Verkauf an „natürliche Personen“ denn überhaupt dauerhaft und auch für zukünftige „Ruheständler“ funktionieren?

Intensive Diskussionen und Gespräche untereinander aber auch mit externen Beratern machten mir klar, dass ein einfaches „weiter so…“ nicht zukunftsfähig wäre. Es war wohl der Zeitpunkt gekommen, sich neu auszurichten, wie wir das in der Entwicklungsgeschichte der Tierklinik Hofheim schon mehrfach getan hatten. Die großen Herausforderungen für den tierärztlichen Berufsstand sind steigende Nachfrage und Patientenzahlen, Kliniksterben und Fachkräftemangel. Für diese Herausforderungen benötigt eine Klinik eine harmonische und strategisch abgestimmte Klinikleitung und fachlich tatkräftige, aber vor allem auch menschlich kompetente, visionäre “Neueinsteiger“. Eine Trennung zwischen Klinikleitung und Finanzierung der Investitionen ist alternativlos, will man die Leitung einer Klinik ausschließlich abhängig von fachlicher und menschlicher Kompetenz und losgelöst vom persönlichen finanziellen Background machen.

Nach dieser Erkenntnis schloss sich natürlich die Frage an, wer hier für uns der beste Partner sein könnte. Dabei haben wir es uns nicht leicht gemacht. Ein professionell begleiteter Bewerbungsprozess resultierte in über 40 Interessenten, die in die Tierklinik Hofheim ganz oder teilweise als Investoren „einsteigen“ wollten. Dabei war das gesamte Spektrum vom „stillen Teilhaber“ bis zum „strategischen Investor“ abgebildet. Unsere Klinikleitsätze, nämlich, bestmögliche und ehrliche Tiermedizin zu machen, die sich am Wohl des Tieres ausrichtet, uns als gute Partner für überweisende Tierärzte aufzustellen und ein verantwortungsbewusster Arbeitgeber zu sein, waren für uns unantastbares Grundgesetz. Nur ein Partner, der diese Leitsätze uneingeschränkt mittragen und selber leben würde, wäre geeignet. Die Tierklinik Hofheim hatte sich über die Jahre zu einer Art „Marke“ entwickelt, unsere Identität, unsere Art zu arbeiten, unser Logo, unsere Homepage, unsere internen und externen Fortbildungsveranstaltungen, die Art des familiären Miteinanders, kurz: unsere individuelle Handschrift, sollte dauerhaft erhalten bleiben. Trotzdem wollten wir von positiven Synergismen profitieren: gemeinsamer Einkauf, Qualitätsstandards, Hilfestellung in organisatorischen und verwaltungstechnischen Fragen, Berater in strategischen Entscheidungen, Bindung von Personal.

Nach intensiver Prüfung und zahlreichen Gesprächen mit den verschiedenen Bietergruppen konnten wir am Ende noch 4 Investoren in die letzte Runde nehmen. Vier Interessengruppen in der Klinikleitung galt es in Einklang zu bringen: 1) die Gruppe derer, die mehr oder weniger unmittelbar in den Ruhestand gehen wollte, 2) die Gruppe derer, die erst mittelfristig in den nächsten 5-7 Jahren ausscheiden wollten, 3) die Gruppe derer, die noch langfristig (>10 Jahre) in der Klinikleitung tätig sein wollten und schlussendlich 4) die bereits ausgesuchten Nachfolger, die die freiwerdenden Plätze in der Klinikleitung einnehmen wollten. Es ist in jeder Hinsicht bemerkenswert, dass trotz dieser unterschiedlichen Ausgangsperspektiven die Entscheidung aller 4 Gruppen der Klinikleitung am Schluss einstimmig auf IVC Evidensia fiel. IVC Evidensia verstand es von allen Bietern am besten, die Leitsätze und die Alleinstellungsmerkmale der Tierklinik Hofheim zu erkennen und einen Plan zu entwerfen, diese kooperativ in die Gruppe zu integrieren, ohne uns ein fertiges System überstülpen zu wollen oder gar die Identität zu nehmen. Unsere intensiven Gespräche waren von Anfang an von einem ehrlichen Interesse an intensiver Kooperation und dem beiderseitigen Wunsch geprägt, voneinander zu lernen und gemeinsam die Tiermedizin von morgen zu gestalten. Auch verstand es IVC Evidensia wie kein anderer Interessent, auf die individuellen Wünsche und Vorstellungen der 4 Gruppen einzugehen.

Das Ergebnis dieser 2-jährigen Reise zueinander fühlt sich für mich heute sehr gut an und bewährt sich bereits in den ersten „Brainstormings“ und Plänen für die gemeinsame Zukunft. Ich freue mich darauf, mit einem starken Partner an der Seite, aus der Tierklinik Hofheim eine „Tierklinik Hofheim 2.0“ zu gestalten.