Trauernde Personen erleben eine Vielzahl an Emotionen, die auf keinen Fall unterdrückt, sondern auf gesunde Weise verarbeitet werden sollten - wenn nötig auch mit Hilfe.
In der Phase der überwältigenden Emotionen sind eine Vielzahl von Gefühlszuständen möglich – Wut, Zorn, Angst, Schuld und Schmerz wechseln sich miteinander ab oder es kommt zu einer Vermischung verschiedener Gefühle. Bei unterschiedlichen Persönlichkeiten nimmt die eine oder andere Emotion überhand. Bei eher extrovertierten Tierhalter*innen kommen eher Wut und der Zorn zum Ausdruck, bei eher introvertierten Tierhalter*innen können die Schuld und Angst überhand nehmen.
Die Wut richtet sind – je nach Grund des Sterbens – oft gegen die Tierärzt*in oder die Medizin im Allgemeinen. „Wieso haben sie mein Tier nicht retten können?“, „hätten Sie doch früher/schneller/anders gehandelt“, „warum gibt es dafür keine Medikamente?“ sind häufige Vorwürfe. Aber auch Zorn auf Behörden, Familienmitglieder oder eine höhere Instanz (Gott) („warum mein Tier?“, „warum schon jetzt?“) sind klassische Objekte des Grolls. Schuldgefühle können gegen sich selbst („wäre ich doch früher zum Tierarzt gegangen“) oder Außenstehende („warum ist die Person hier vorbeigefahren und hat mein Tier angefahren?“) gerichtet sein.
Oft kommt es in dieser Phase zu nicht-rationalen Handlungen, zum Beispiel das Beschimpfen und Anklagen von anderen Personen wie der beteiligten Tierärzt*in oder deren Helfern in sozialen Medien. Obschon in einer Phase hoher Emotionen dies verständlich ist, kann das einerseits zu rechtlichen und somit finanziellen Folgen von Seite der Beschuldigten führen und andererseits werden die Personen beschimpft, die ihr Bestes gegeben haben, um den Verlust des Tieres zu verhindern. Es kommt zu moralischem Leid gegenüber den Beschimpften.
In dieser Phase sind klassische körperliche Symptome Ruhelosigkeit (oft zusammen mit Schlafstörungen), Atemnot und Beklemmungsgefühl. Seelisch machen sich Apathie aber auch Gereiztheit bemerkbar. Ganz typisch sind unvorhersehbare Stimmungsschwankungen und Konzentrationsstörung.
Wutgefühle können den Tierhalter*innen helfen, sich vom Schmerz des Verlustes zu erholen. Die Wut zu unterdrücken kann zu Depressionen und Feindseligkeit führen. Nicht für jede trauernde Person ist es einfach, die Wut und den Zorn auf gesunde Weise zu äußern – es kann helfen darüber zu reden, Tagebuch zu schreiben, auf ein Kissen einzuschlagen oder die Wut in Bewegungsenergie durch Spaziergänge oder andere sportliche Aktivitäten umzusetzen.
Die Phase der überwältigenden Emotionen wird meist mehrfach durchlaufen. Sie kann von einigen Wochen bis zu mehreren Monaten dauern, es ist aber schwer vorherzusagen, wie lange diese Phase anhält. Große Schuldgefühle („hätte ich doch ...“) erschweren meist das Durchlaufen dieser Phase. Man sollte versuchen die Schuld zu überprüfen und wirkliche Schuld von falscher Schuld zu unterscheiden. Auch hier helfen bei der Bewältigung Gespräche mit Angehörigen und Freunden. Wenn dies nicht ausreicht gibt es speziell ausgebildete Trauerberater*innen und Therapeut*innen, die helfen können, diese Gefühle zu verstehen und zu verarbeiten.